Cantemus!

So langsam kommen alle in den Weihnachtstrott. Die Geschenke müssen wirklich mal besorgt werden – ich gehöre grundsätzlich zu den Menschen, die fünf Tage vor Heiligabend immer noch nicht besonders viel gekauft haben – die dunklen Straßen erstrahlen voller kleiner Lämpchen, Spekulatius wird herumgereicht und Rot und Gold regieren zwischen Schnee- und Eisfarben die Welt.

Wirklich erst jetzt? Ich will nicht darauf eingehen, dass man schon im Oktober Schokoladenadventskalender kaufen kann (das Mindesthaltbarkeitsdatum würde mich ja mal interessieren), sondern dass ich schon seit Anfang des Schuljahres Weihnachtslieder singe.

...

Ja, doch. Glücklicherweise nicht die altbekannten deutschen Stücke, aber es fängt früh an, wenn man in seinem Chor für die Hauptsaison proben muss. Und die Adventszeit ist voller Konzerte.

 

Dieses Wochenende ist es besonders schlimm. Ich wurde ja nicht gezwungen, in einen Geburtstag reinzufeiern und zwei Stunden zu schlafen (immerhin) aber dann am Tag der offenen Tür für die Schule trällern war doch anstrengend. Und was ich eben geleistet habe, war ja sowieso mal eine ganz neue Erfahrung.

 

Ein ganz simples Problem: Ich bin ein heiserer Sopran. Natürlich ist das im Alt auch schlimm, aber ich konnte auf einmal nicht mehr hoch singen, sobald ich es versucht habe, drang kein Laut aus meiner Kehle. So ein schreckliches Gefühl!

Das ist normalerweise nicht schlimm, dann setzt man mal ein Konzert aus, bleibt zu Hause oder schaut zu; letzteres will ich sowieso mal machen, einfach den anderen lauschen und schauen, wie wir so klingen. Aber: Ich mache die Moderation, also Begrüßung, zwischendurch immer mal wieder Titel ansagen, Verabschiedung.

 

Problem 1: Die Moderation heute war anspruchsvoller. Plötzlich musste ich noch das Ensemble vorstellen, mit dem wir gemeinsam ein Konzert gegeben haben, sollte ansagen, wann oder in welcher Epoche die alten Meister gelebt haben, worum es in den fremdsprachigen Liedern geht... Oh Gott.

Problem 2: Meine Moderationspartnerin, mit der ich mich normalerweise abwechsele, war nicht da.

 

Da ich meine Texte nicht von jetzt auf gleich jemandem in die Hand drücken wollte, der am Ende nur überfordert ist und alles vermasselt, habe ich mich lieber in den Chor gedrängelt und ein Pantomime-Konzert gegeben. Wie viel habe ich mitgesungen, ein Sechstel? Meine Chorleiterin hat es nicht gemerkt, muss gut gewesen sein.

 

Die Moderation war es auf jeden Fall auch. Ich spreche eigentlich schon mein ganzes Leben lang zu schnell und zu leise und mache diesen Job nur, weil ich in Finnland dafür rekrutiert wurde (»Wer kann denn gut Englisch?« Meine Sitznachbarin zeigte gaaanz unauffällig auf mich) und man es dabei belassen hat. Inzwischen klappt es, und es ist so schön, wenn die Zuschauer plötzlich für das, was ich sage, klatschen, wenn ihnen meine Worte wirklich gefallen haben...

 

 

Ich finde natürlich nicht alle Lieder schön, die wir singen, unser »Leise rieselt der Schnee«-Satz ist zum Beispiel schrecklich, aber ich würde euch gerne zeigen, was sich hinter »Es ist ein Ros' entsprungen«, »Maria durch ein Dornwald ging« und »Kommet, ihr Hirten« versteckt:

Mein Lieblingslied in der Adventszeit ist »Adventi ének«. Eine Textstelle wiederholt sich immer wieder, angefangen mit »Gaude! Gaude!«, was Freude bedeutet. Jaja, Latein... Cantemus heißt übrigens »Lasst uns singen!«

 

Freue dich! Emmanuel wird für dich, Israel, geboren!

 

Es fängt erst bei zehn Sekunden an.

Die Dynamik in diesem Stück ist ein bisschen kniffelig,

es wechselt andauernd von forte (laut) zu piano (leise).

Nicht erschrecken, wenn aus dem verhaltenen »Veni, veni«

ein monumentales »Gaude! Gaude!« wird.


Was ich ebenfalls sehr gerne mag, und ihr merkt, ich liebe die melancholischen Gesänge, ist das Carol »God rest you, merry gentleman«. Unser Arrangement ist von John Høyebye, und da ich das im Internet nicht finde: Tadaa, mein Chor am 8. Dezember. Nicht ganz perfekt, viele Tenöre und Bässe hatten eine lange Party hinter sich (ich auch^^ ) aber ich mag es immernoch. Nur dieser eine Ton vom Alt, am Ende... Ahh, ich könnte sie umbringen, viel zu tiiiiief!

 

Ich kann während des Filmens nicht manuell fokussieren und als ich zurück gezoomt habe war es auf einmal so unscharf... Sehr ärgerlich. :(

 

Alle hassen die Kleider... ^^


... und so viele mehr... ich würde euch gerne noch »Kirje, kirje« von Gunther Erdmann zeigen, aber das ist ebenfalls nicht besonders bekannt. Ich kann mich gerade nur noch bruchtsückhaft an den Text erinnern, wir haben es vor Jahren zum letzten Mal gesungen. »Weihnacht alle Jahre wieder, singen wir die alten Lieder« und »doch vor allem lasst uns denken, dass wir uns den Frieden schenken.«

 

Kleine Sternstunden. Und als Krönung gibt's am 4. Advent die ersten drei Kantaten aus Bachs Weihnachts-Oratorium. Singt da einmal mit und ihr bekommt dieses »Jauchzet! Frrrrohlocket!« nicht mehr aus dem Kopf.

 

 

Kennt ihr noch schöne unbekannte Weihnachtsmusik? Ich habe letztens »Celtic Carol« von Lindsey Sterling entdeckt, sie spielt soo toll! Oder das bekannte »Carol of the Bells« – ah, ich liebe diese Version, schon das Video ist so wundervoll! Seht ihr den Löwen?

 

 

PS: Angebliches sibirisches Geheimrezept gegen Heiserkeit von meiner alten Klassenlehrerin: Heiße Milch mit Butter und Honig. Schmeckt nicht so eklig, wie es klingt (solange die Butter komplett geschmolzen ist) und hilft wunderbar, wenn man kaum noch sprechen kann.

 

PPS: Wo sind die Bilder hin...? So viel Text heute, ich bin wieder poetisch geworden.

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Kommentare: 1
  • #1

    Grace (Montag, 09 Dezember 2013 19:28)

    Puhh so ein langer Blogeintrag :D Aber ich habe alles gelesen :D Hofftl gehts dir bald besser :* Ja ich fange auch schon immer ganz früh mit weihnachtslieder singen an :D Aber Vorfreude ist doch die schönste freude xD Ja Lindsey Sterling ist toll *-*