Willkommen in Melóviën, dem Reich der Elfen!«, sagte Tivon feierlich. Ich zog schnell meine Hand aus seiner und hielt den Umhang fest.

»Sorge dich nicht, es wurde mehr als nur Kleidung für dich vorbereitet!«, sagte Tivon lachend. Ich wagte einen Blick zu ihm hinüber und der erste Schock traf mich.

»Du siehst ja ganz anders aus! Und du hast spitze Ohren!«

»Was hast du von uns erwartet? Und ich muss sagen, dass du eine wunderschöne Elfe abgibst.« Ich wünschte, ich hätte meinen Taschenspiegel bei mir, aber so musste ich wohl oder übel warten. Tivon entfernte sich ein Stück, und ich nutzte die Zeit, um mich umzusehen. Wir befanden uns noch immer in einem Wald, aber alles leuchtete in einem frischen Grün. Die Bäume schienen gerade erst zu sprießen, und ein fröhliches Gezwitscher drang aus den Zweigen.

»Hier ist ja Frühling«, sagte ich erstaunt.

»In Melóviën ist niemals Winter«, sagte Tivon, als er zu mir zurückkehrte, mit irgendetwas Taubenblauem in den Händen. Der Stoff ähnelte dem seiner Kleidung, weich und fein gesponnen. »Die Blätter fallen zum Anfang des Jahres von den Bäumen, aber dann wachsen sie sofort nach. Und es gibt auch keine Jahreszeiten wie in Aláquinn. Wenn bei euch Sommer ist, wird es auch hier ein weniger wärmer, im Winter sinken die Temperaturen um ein paar Grad. Aber Kälte kennt man hier nicht.«

»Es gibt auch in Aláquinn Länder ohne Winter«, bemerkte ich, aber dann wurde mir bewusst, dass das wohl nicht sehr höflich gewesen war. »Verzeihung, ich wollte nicht…« Was wollte ich denn eigentlich nicht? Ihn belehren?

»Macht nichts«, erwiderte Tivon und hielt mir den Stoff hin. »Du ziehst es vermutlich vor, dich hinter einen Baum umzuziehen, oder?«

»Ich denke schon«, antwortete ich und nahm ihm das Kleidungsstück aus der Hand.

»Was hast du für eine Schuhgröße? Das Kleid haben sie willkürlich ausgewählt, aber wie groß deine Füße sind wusste der Olóhel nun wirklich nicht.«

»Siebenunddreißig«, murmelte ich. Mini-Füßchen für eine stolze Größe von 1,71.

»Dann ist es jetzt vermutlich eine 35. Elfen haben im Vergleich zu Menschen so schrecklich winzige Füße«, nuschelte Tivon, während er zu einem kleinen Verschlag ging, der einige Meter entfernt von der Pforte stand.

Ich huschte schnell hinter eine breite Eiche und entfaltete das Kleid. Es war beinahe bodenlang, tailliert und hatte lange Ärmel, die bis zum Ellenbogen eng anliegen mussten, von dort aus weiter wurden und mir sicher bis zu den Knien reichen würden. Ich zog es schnell über, solange Tivon noch mit den Schuhen beschäftigt war und zupfte schnell noch den Ausschnitt einigermaßen gerade, als ich Schritte auf dem Waldboden vernahm.

»Fertig?«

»Vermutlich«, erwiderte ich, trat zu ihm und betrachtete die Schuhe in seiner Hand. Ich hätte schwören können, dass sie für meine Füße viel zu klein waren, aber sie schienen tatsächlich geschrumpft zu sein. Das schien für meine Bedürfnisse mit das Schönste an Melóviën zu sein.

»Wie hast du das eigentlich gemacht? Hast du auch irgendwie Kleidung bekommen oder musstest du dir mitten im Wald irgendwas basteln?«, fragte ich und nahm die Schuhe an mich. Eigentlich nur Sohlen aus irgendeinem weichen Holz, die mit geflochtenen Bänder umwickelt waren; Elfen-Sandalen.

»Nein, sie haben mir etwas mit gegeben«, antwortete Tivon.

»Wer ist denn ›sie‹?«, fragte ich, während ich mir den ersten Schuh über den Fuß streifte. Er passte nach dem Aschenputtel-Prinzip.

»Der König und die Fürsten. Die Fürsten sind alle recht alt und weise – oh, das ist ein weiterer Aspekt: Elfen leben länger als Menschen, meist um die fünfhundert Jahre. Danach verlassen ihre Geister Melóviën und reisen zu einem anderen Ort, aber ich glaube, nicht mal der Olóhel weiß, ob sie dort wieder Form annehmen oder einfach ›existieren‹.«

»Fünfhundert! Und was ist mit mir?«

»Da Elfen erst mit etwa 20 langsamer altern hast du dich jetzt vom Alter her nicht wirklich verändert. Wenn du als achtzigjähriger Mensch hier her kämest würdest du allerdings immer noch wie 24 aussehen.«

»Und wenn ich als zweihundertjährige Elfe nach Aláquinn gehe?«

»Dann bist du immer noch zweihundert. Aber da du in diesem Alter dein menschliches Todesdatum wohl schon überschritten hast darfst du nur sieben Tage bleiben, sonst stirbst du. Wenn du rechtzeitig zurückkommst musst du sieben Jahre warten, ehe du erneut die Pforte durchschreiten kannst – für sieben Tage.«

»Aber woher weiß ich denn, wann ich in Aláquinn sterben werde, wenn ich in Melóviën bin?«

»Gute Frage; vermutlich musst du ab einem bestimmten Alter einfach deinen Grabstein suchen. An einem Unfall sterben kannst du natürlich nicht, du bist ja hier, aber dein menschlicher Körper, der noch irgendwo in Aláquinn weilt, ist irgendwann nicht mehr stark genug und stirbt.«

»Wo ist mein Menschenkörper denn gerade?«

»Das wissen wir nicht. Er befindet sich immer noch in seiner Welt, aber an einem versteckten Ort. Es ist ziemlich schwierig, etwas über die Lasçis herauszufinden, weil das eigentlich nur der Olóhel und wir selbst können.« Ich nickte und machte ein paar kleine Schritte.

»Ihr macht wirklich bequeme Kleidung!«, sagte ich, während ich an mir herab sah und überlegte, wie ich aus zwei Schritten Entfernung wohl aussehen müsste. »Ihr habt hier nicht zufällig irgendwo einen Ganzkörperspiegel, oder? Wobei, Ganzkörperspiegel verzerren immer so, besser nicht.«

»Du würdest so oder so keinen finden, aber wenn du dich mit einer Alternative zufrieden gibst, werde ich dir den Spiegelsee zeigen. Er heißt wirklich so, weil er so klar und glatt ist – wenn niemand darin badet. Aber zu dieser Zeit tun das erst wenige.«

»Gerne, wenn ich irgendwann mal Zeit habe. Bis dahin muss ich wohl über mein Gesicht im Unklaren bleiben.« Ich hob die Hand, um meine Ohren zu berühren, aber dann zuckte ich zurück. Lieber noch nicht.

»Ich meinte das vorhin ernst«, sagte Tivon nachdrücklich.

»Was?«

»Dass du eine hübsche Elfe bist. Du musst dir wirklich keine Sorgen machen, und außerdem wirst du früh genug an etwas Spiegelndem vorbei kommen.« Ich spürte, wie das Blut in meine Wangen schoss und wandte mich so gut es ging ab. Ich konnte mit keiner Art von Komplimenten umgehen, schon gar nicht mit solchen und noch weniger, wenn sie auch noch von jemandem in meinem Alter kamen, und derjenige männlich war und auch noch gut aussah und nett war und – ich sollte meine Gedanken abschalten.

»Kommst du?« Ich verschränkte schnell die Hände vor meinem Körper, damit Tivon nicht seiner Lieblingsbeschäftigung, Tajana-Ziehen, nachgehen konnte. Dann lief ich ihm schweigend nach. Auch Tivon schien nachdenklich und sah sich immer wieder um. Erst nach einer Weile ergriff er wieder das Wort:

»Wir kommen jetzt in die bewohnten Gegenden. Elfen leben in offenen Unterständen oder Baumhäusern, aber der König hat entschieden, dass zur Pforte ein gewisser Abstand herrschen muss. Im Westen davon leben nur ein paar alte Elfen, die die Geheimnisse der Natur zu verstehen zu versuchen, aber östlich liegt unsere goldene Hauptstadt: Estèlija.« Ich stellte mich für einen Moment auf die Zehenspitzen, konnte aber nichts erkennen.

»Wo sind hier Wohnungen?«

»Da zum Beispiel.« Er deutete nach links. Ich wusste erst nicht, worauf er hinaus wollte, aber nach einem Augenblick erkannte ich, dass irgendjemand totes Gestrüpp über zwei Äste gelegt hatte. Um die Zweige herum rankte sich leuchtender Efeu, der wohl die Funktion hatte, alles zusammen zu halten. Ein großes Laken war an einer Seite zusammen gerafft, das, wenn es normal hinab hing, wohl für die nötige Intimsphäre sorgte. Ein paar Kinder spielten davor mit Püppchen, die so aussahen, als hätten sie sie aus Blättern und Stöckchen gemacht. Als sie uns sahen hielten sie für einen Moment inne und sahen zu uns auf. Selbst auf die Entfernung machte ich die niedlichsten Gesichtchen aus, die ich je gesehen hatte. Was hätte ein Happy-Family-Fotograph nur für diese Kinder gegeben!

»Ach, da ist vielleicht noch etwas«, bemerkte Tivon amüsiert.

»Nämlich?«

»Alle hier warten auf dich.« In diesem Moment sprangen die Kinder auf und rannten freudestrahlend auf uns zu.

»Oh Gott, und die erwarten jetzt alles irgendwas von mir, und ich weiß noch nicht mal, was das ist?«

»Fällt dir eigentlich auf, dass zu ziemlich oft ›Oh Gott‹ sagst?«

»Tendenz steigend, seit ich dich kenne, ja. Woran liegt das wohl? Sicher nicht daran, dass du gerade mein komplettes Leben kräftig durchschüttelst. Meine Lebensanschauung – die übrigens noch nie einen Gott enthielt – muss komplett neu aufgestellt werden!« Die ersten Kinder erreichten uns und blieben erwartungsvoll stehen.

»Mach irgendwas!«, wisperte Tivon mir zu.

»Was denn?«, erwiderte ich entsetzt. Tivon antworte nicht.

»Bist du Tajana?«, fragte ein kleiner Junge neugierig.

»Ja, das bin ich. Und wie heißt du?«

»Marleon«, antwortete er.

»Was für ein schöner Name«, meinte ich ehrlich.

»Wir dürfen hier nicht zu lange warten«, unterbrach Tivon, an die Kinder gewandt.

»Dann kommen wir mit!«, sagte Marleon auffordernd. Tivon sah mich fragend an, aber ich zuckte nur mit den Schultern. Was machte das schon noch aus? Also liefen wir weiter, aber nach einiger Zeit merkte, dass eines der jüngeren Mädchen nicht mehr mitkam und zurück fiel.

»Warte mal einen Moment, Tivon«, sagte ich, lief zu ihr zurück und nahm sie einfach hoch. Die Kleine strahlte übers ganze Gesicht, als könne sie ihr Glück kaum fassen, und irgendwie erfüllte es mich auch mit Freude, anderen durch eine so kleine Geste den Tag zu verschönern.

So liefen wir weiter, und nach einiger Zeit wurden die Unterstände und die Kindern, die uns hinterher eilten, immer zahlreicher. Auch in den Wipfeln der weit ausladenden Bäume sah ich Behausungen, von unten nur Plattformen, die aus einfachen Brettern bestanden. Die Bäume wuchsen in größeren Abständen zu einander, und plötzlich lichtete sich der Wald und wir befanden uns auf einer großen weiten Lichtung, in deren Mitte ein strahlender Palast stand.

Seine Wände schienen aus weißem oder hellgelbem Marmor zu bestehen, vielleicht auch einem anderen Gestein, ich wusste es nicht. In jede freie Ecke waren Bilder oder Zeichen geschnitzt, riesige, goldgerahmte Fenster zierten die glatten Wände und ließen das Licht in Räume ein, die ich mir gar nicht ausmalen wollte. Eine große, breite Treppe führte durch ein großes Portal in einen weiten Innenhof, so wie ich es von hier erkennen konnte. Ich wandte mich empört an Tivon.

»›Sein Palast ist groß und schön‹? Wann auch immer du Geburtstag hast, von mir bekommst du ein Synonymwörterbuch und einen Kurs für Formulierungshilfe!« Tivon grinste.

»Ich werde mir in Zukunft mehr Mühe geben. Darf ich die Dame herein bitten?« Ich setzte das kleine Mädchen ab erklomm mit Tivon und meinem Kindergefolge, das gar nicht daran dachte, umzukehren, die Treppe. Dahinter lag tatsächlich ein weiter Hof, der sich nach oben öffnete. Eine Vielzahl an Elfen saß und stand dort, schwatzte oder ging irgendwelchen anderen Tätigkeiten nach. Die meisten hatten sich in der Nähe eines großen steinernen Brunnens niedergelassen, der in der Mitte fröhlich vor sich hin plätscherte.

»Wenn du es so willst ist der Palast eigentlich eher öffentliches Eigentum als ein Wohnsitz. Der König hat einige private Gemächer, aber der Rest ist frei zugänglich – die Bibliothek, die Bäder, Säle für Feste, wenn es stürmt… Wir zahlen auch keine Abgaben oder Steuern, die königliche Familie kann selbst für sich sorgen.«

Das gefällt mir um einiges besser als das deutsche System‹, dachte ich. ›Vermutlich halten Menschen sich für zu schlau, um das Gute im Einfachen zu finden.‹

Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass die meisten Gespräche verstummt waren und die Blicke der Elfen sich nach und nach auf mich richteten. Ich schluckte und sah zu Tivon auf, in der Hoffnung, dass er mich endlich weiter führen würde. Ich hasste es, im Mittelpunkt zu stehen, weil ich dabei nie wusste, was ich tun sollte und vermutlich wie ein angeschossenes Reh um mich sah. Tivon schien das zu merken, denn er ging einfach weiter und ich folgte ihm, den Blick weiter auf seinem Gesicht ruhend. So musste ich wenigstens nicht die Blicke der anderen erwidern. Als wir den Hof fast durchquert hatten und ich die Augen der meisten nur noch in meinem Rücken spürte blinzelte Tivon irritiert zu mir herüber.

»Warum starrst du mich so an?«

»Damit ich die Leute hier nicht anstarren muss«, entschuldigte ich mich.

»Keiner hat die Absicht, dich aufzufressen«, meinte Tivon mit amüsiertem Schmunzeln.

»Es hatte auch keiner die Absicht, eine Mauer zu bauen«, grummelte ich und richtete meinen Blick starr nach vorne. Tivon schien sich an meinem Gemecker nicht zu stören und schritt weiter. Als wir zu einem weiteren, beinahe leeren Innenhof kamen drehte Tivon sich zu den Kindern um.

»Ab hier dürft ihr nicht weiter.« Sofort erhob lautstarkes Gequengel und Marleon, der wohl der Wortführer der unter-sechs-Jährigen war, stellte klar:

»Wir kommen mit!« Ich kniete mich neben ihn auf den Boden und sagte eindringlich:

»Aber irgendjemand muss doch hier auf mich warten und aufpassen! Ich kann doch nicht ganz alleine irgendwo hingehen, ohne dass ich weiß, dass noch jemand hinter mir ist!« Marleon kniff die Augen zusammen und ich musste befürchten, dass das nicht sehr viel geholfen hatte, aber dann nickte er und setzte sich auf einen kleinen Felsquader.

»Gut, wir passen von hier aus auf.«

»Vielen Dank«, sagte ich lächelnd, stand auf und gesellte mich wieder zu Tivon, der mir fast anerkennend zu lächelte.

»Manipulieren gehört also zu deinen Stärken, ja?«, fragte er, als wir ein paar Schritte gelaufen waren.

»Das war doch keine Manipulation! Ich habe sie um etwas gebeten, unabhängig davon, dass ich hoffentlich niemanden brauche, der mir den Rücken freihält.« Tivon senkte nachdenklich den Kopf und murmelte irgendetwas vor sich hin.

»Was?«

»Nichts, ich habe doch gar nichts gesagt?« Nun war es an mir, die Augen zusammen zu kneifen und ihn kritisch zu mustern. Ich erinnerte mich daran, dass er auch vorhin schon einmal seltsam reagiert hatte – als ich ihn gefragt hatte, ob ich zurückkehren konnte. Allerdings sprach ich ihn jetzt noch nicht darauf an und beschloss bloß, es mir erst mal zu merken.

Von dem Hof aus kamen wir zu einer geschlossenen Holztür.

»Hier darf auch ich nicht weiter«, sagte Tivon bedauernd.

»Was?«

»Dieser Ort wird nur vom König und seinen Gästen betreten, zu denen du gehörst – nicht ich.«

»Aber du hast gesagt, dass du mich nicht alleine lässt!«, widersprach ich verzweifelt. »Ich kann da doch nicht alleine reingehen!«

»Natürlich kannst du das. Und außerdem habe ich gesagt, dass du nicht alleine sein wirst, und dort sind noch viele andere.«

»Viele?«

»Der König, seine Gemahlin, die Fürsten und vermutlich auch der Olóhel.« Der Gedanke, einem Blinden gegenüberzutreten, machte die Sache nicht besser. Ich wusste, dass es ein gemeines Vorurteil war, aber ich hatte Angst vor diesen trüben Augen, die alles und doch nichts zu sehen schienen.

»Bitte, komm mit!«

»Ich darf das nicht, Tajana!« Wut stieg in mir auf und ich stieß verächtlich die Luft durch die Nase aus.

»Ach ja, du darfst die Drecksarbeit erledigen und mich hierher schleppen und das war’s dann? Kriegst du immerhin einen Keks dafür?«

»Tajana!«, rief Tivon schockiert. »Du kannst doch nicht -«

»Ausrasten? Darf ich das nicht? Ich soll mal eben ganz auf mich alleine gestellt einem König aus irgendeinem fremden Reich gegenüber treten und weiß noch nicht mal, warum? Und zufälligerweise habe ich auf einmal spitze Ohren und kann ein halbes Jahrtausend vor mich hin vegetieren? Alle wissen, wer ich bin, nur ich irgendwie nicht mehr – ich weiß nicht mehr, wer ich überhaupt bin! Verdammt, ich hab allen Grund dazu!« Tränen der Wut schossen mir in die Augen, egal, wie oft ich versuchte, sie weg zu blinzeln.

Ich schien Tivon ziemlich getroffen zu haben, denn er stand da wie eine Salzsäule und fixierte mich mit weit aufgerissenen Augen. Nach einer Weile kam ich mir dabei irgendwie dumm vor und ich erhob vorsichtig meine Stimme:

»Tivon?« Er blinzelte irritiert und schüttelte kurz den Kopf.

»Man könnte meinen, du hättest gerade einen Pakt mit den Figon geschlossen«, sagte verwirrt.

»Tut mir wirklich unheimlich Leid, aber ich habe momentan kein Internet und es ist mir unmöglich, nachzusehen, was du damit meinen könntest. Um präzise zu sein habe ich noch nicht mal ein dafür taugliches Handy bei mir.«

»Figon sind Feuerwesen. Sie sind immer irgendwie da, aber wenn kein Feuer brennt können sie rein gar nichts tun. Allerdings -« Tivon verstummte auf einmal und setzte einen Blick auf, den ich nur zu gut von meinem ehemaligen Informatiklehrer kannte und in etwa du-dummes-Ding-was-soll-das-denn-heißen? ausdrückte. Zumindest bei meinem ehemaligen Informatiklehrer, Tivon schien mir damit etwas anders sagen zu wollen.

»Was denn?«, fragte ich mit einem unschuldigen Blick.

»Allerdings muss ich dich erst durch diese Tür bugsieren, bevor du noch irgendeine Erklärung von mir bekommst.« Nein, mein allwissendes Lexikon wollte mich wirklich verlassen! Ich blinzelte so traurig wie möglich zu ihm hinauf, aber er verzog keine Miene und schob mich stattdessen ziemlich energisch zur Tür. Ich öffnete den Mund, aber Tivon war schneller.

»Kein Wort, vergiss es! Ich. bin. nicht. befugt. dazu.« Ich seufzte leise.

»Wartest du wenigstens hier auf mich?«

»Hier? Du könntest da ewig drin bleiben!«

»Ich dachte, ich darf am Abend nach Hause?«

»Ja, sicher... Aber das dauert trotzdem seine Zeit.«

»So sieht also unendliche Dankbarkeit aus, ja?« Tivon verdrehte die Augen.

»Darf ich mich wenigstens setzen?«

»Nein!« Als Tivon empört die Augenbrauen zusammenzog musste ich lachen.

»Natürlich, aber rühr dich nicht vom Fleck!«

»Zu Befehl, Majestät!« Er salutierte und setzte sich im Schneidersitz auf den Boden. Ich streckte ihm die Zunge raus und drehte mich dann mit weitaus ernsterer Miene der Tür zu.

Als ich meine Hand auf die Klinke legte, zögerte ich einen Moment, ehe ich sie mit den Finger umschloss. Was sollte schon werden? Viel kurioser konnte das alles ja kaum noch werden, und wenn doch, dann hinderte mich niemand daran, einfach zu gehen.

Ich drückte die Klinke herunter und durchschritt die Pforte.