Diese drei zusammenhängenden Texte sind für das Finale des Herbstwettbewerbs bei June enstanden. Um genau zu sein; sie sind der zweite Versuch. Nachdem ich Jonathans Brief geschrieben habe, fiel mir noch so viel mehr ein, dass ich noch etwas verfassen wollte. Die Texte ähneln sich daher inhaltlich ein wenig.

Unsere Aufgabe: Fasst zusammen, wie der Herbst auf euch wirkt und was in euch vorgeht, wenn er dem Winter Platz macht.

 

Kannst du malen wie das Farbenspiel der Zeit?

 


7. Oktober

 

    Es bricht die Zeit an, in der der Herbst in voller Blüte steht. Das Wort »Blüte« ist vielleicht schlecht gewählt, wo sie doch sein Gegenteil symbolisiert, aber dennoch; die Blätter strahlen in warmen Farben, rot, orange und gelb, und wenn eine der herbstlichen Windböen durch die Äste rauscht, segeln sie zu Boden, wie kleine Schiffchen, die dem Flusslauf folgen. Jedes aufgefangene Blatt ist ein glücklicher Tag, sagen sie, und wenn ich in diesem lichtdurchfluteten Herbstwald stehe, wo das goldene Licht der Sonne mein Gesicht wärmt und das Laub unter meinen Füßen leise raschelt, dann bin ich mir fast sicher, dass es stimmt.

    »Die Tage werden kürzer.« Es klingt aus vielen Mündern so drohend und unheilverkündend, aber mir gefällt das morgendliche Zwielicht, wenn der Nebel sich wie ein Mysterium über die Felder legt, genauso wie die farbenreiche Dämmerung am Abend. Zum Einbruch der Nacht, wenn ich es mir in einer trockenen Ecke gemütlich gemacht habe, lausche ich den schweren Regentropfen, die auf die Blätter prasseln, höre den Wind seufzen und weiß; ich bin sicher, bis sie verstummen.


14. November

 

Ich spüre den ersten kalten Hauch des Winters in meinen Fingerspitzen. Am Morgen liegt Reif auf dem Gras und in den kältesten Stunden verwandelt sich mein Atem in feinen Dunst. Die Übergangszeit ist angebrochen und sie nimmt die warmen Töne Stück für Stück mit sich fort.

    Der Nebel, dessen verheißungsvolles Glitzern mich vor wenigen Tagen noch fasziniert hat, liegt nun schwer und bedrückend auf den nahezu leblosen Wiesen. Die Äste der Bäume sind entweder kahl oder mit wenigen vertrockneten braunen Blättern bestückt und recken sich trostlos in den wolkenverhangenen Himmel. Der Boden verwandelt sich am Tag in ein Meer aus Schlamm, das von kümmerlichen Grashalmen zusammengehalten wird, ehe er in der Nacht gefriert.

    Der Regen fällt unermüdlich und der Sturm peitscht mir die Tropfen ins Gesicht. Um mich herum regiert das Grau und ich bin mir nicht sicher, ob ich eine Zuflucht finden kann, die diese farblose Niedergeschlagenheit ausblendet.


21. Dezember

 

Die Betrübnis der vergangenen Tage weicht einer frostigen Klarheit. Die warmen Farben sind vollends verschwunden, aber mit ihnen ist auch die beklemmende Stimmung verblasst und ein silbrigblaues Licht erstrahlt. Der Winter ist gekommen.

    Die Neugier hat mich aus meinem sicheren Hort getrieben und ich nehme die ersten Schneeflocken auf meiner Stirn wahr. Wenn der Himmel aufklart, strahlt er heller als je zuvor und die kalte Luft durchströmt meine Lunge wie Adrenalin den Körper. Die Welt ist noch immer ohne Leben, aber die Hoffnung funkelt in den filigranen Eiskristallen und erinnert mich an die wahre Botschaft des Winters.

    Er gibt uns Zeit; um zu ruhen und zu Kräften zu kommen, ehe wir uns erneut aufrichten. Er gibt die Zeit für den strahlenden Neuanfang des Frühlings.

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Kommentare: 4
  • #1

    Grace (Freitag, 03 Januar 2014 15:16)

    wooowww Mara *-*

  • #2

    Sarah KreativeFeder (Freitag, 03 Januar 2014 16:30)

    Ähnelt ziemlich meiner Idee...finde ich nicht gut, da ich ja vor dir abgegebn habe und du zu mir gesagt hast, du wolltest Jonathans Brief abgeben. Komisch oder?...

  • #3

    hellokittys (Freitag, 25 April 2014 17:18)

    "Fabenspiel" erinnert mich irgendwie an helene :D

  • #4

    Flu (Sonntag, 31 August 2014 13:49)

    Wow, das ist echt eine Klasse für sich, für mich sind die Worte da oben einfach Poesie.
    Ich finde den Winter auch schön und freue mich drauf aber manchmal hat man da das deprimierende Gefühl, die Bäume werden nie mehr grün und der Himmel bleibt ewig grau....so ein bisschen wie du es beschrieben hast:)