Dieser Text ist tief, und wenn ihr gerade guter Laune seid und das Leben genießt, dann hebt ihn euch für später auf. Er ist nicht depressiv, aber emotional.

Dieser Text liegt näher an der Realität, als ich es mir wünsche. Viel zu nah. So nah, dass mir die Tränen gekommen sind, ehe ich ihn niederschreiben konnte.

 

»Ein schön deutsch-nationales Mädchen.«

»Niemals! Mein geliebtes Reich zu verlassen kommt für mich nicht in Frage! Heil Deutschland!«

»Ich habe meinen Nationalstolz, seit wir in Geschichte den Ersten Weltkrieg hatten. Es war ein Krieg der Ehre. Ein toller Krieg, ich wäre gern dabei gewesen.«

»Niemals würde ich mich dafür schämen. Ehrendtod ist der beste Tod.«

»Ich kenne das Gedicht des Engländers nicht, der über die Mohnfelder schrieb, wo seine Gefährten ahnungslos vergast wurden.«

»Unsere Verluste sind höher.«

 

Und? Sie sind trotzdem tot.

Ich verstehe es nicht. Verstehe es einfach nicht.

 

Es beginnt immer so harmlos, die Frage, ob man als Deutscher stolz auf sein Land sein kann. Darf. Die Franzosen dürfen es, die US-Amerikaner dürfen es, aber die Deutschen? Gibt es nicht noch so viele, die stolze Deutsche als Nazis abstempeln, Deutsche, geboren in einem anderen Jahrtausend, die so weit davon entfernt sind?

Aber es geht nicht um 1935, es geht um 1914. Ein Krieg der Ehre? Was ist Ehre? Ist es ehrenvoll, Menschenleben auszulöschen? Wer gibt ihnen das Recht dazu? Ich denke immer wieder an Tolkiens Worte: »Viele, die leben, verdienen den Tod. Und manche, die sterben, verdienen das Leben. Kannst du es ihnen geben? Dann sei auch nicht so rasch mit einem Todesurteil bei der Hand.« Rasch. Ein Schuss. Mit dem Gewehr gefeuert, eine Granate geschleudert, Giftgas gesprüht, eine Bombe abgeworfen. So schnell und distanziert. Keine Menschen werden umgebracht. Man bringt undeutliche Silhouetten zum Fall, ohne zu realisieren, wer sie sind.

Wie kann man auf dieser Basis Stolz entwickeln? Wie kann man einen Krieg als »toll« bezeichnen, sich wünschen, dabei gewesen zu sein? Wie kann man sagen, dass die Verluste höher sind – Verluste! Was für eine schöne Umschreibung für dieses quälende Unheil! Menschen sind gestorben, Menschen, die gelebt und geliebt haben, die nicht schlafen sollten! Ob es tausende waren oder einer, was sind schon diese besserwisserischen Zahlen? Sie, die ihr Leben gaben, werden nie wieder das Morgenrot spüren, den Sonnenuntergang glühen sehen. Sie liegen begraben unter den Mohnblumen und können sich ihrer Schönheit nie wieder erfreuen.

 

Ich schäme mich, schäme mich so sehr. Für diese Zeit, und noch mehr für ihn, weil er sie so preist. War das jemals ein Freund, jemand, mit dem ich bis tief in Nacht geschrieben und gelacht habe? Damals, im Sommer, als wir alle zum Meer gefahren sind, als das Leben so schön und warm und unbeschwert war?

 

Als ich in der Küche stand, sah ich eine Spinne die geflieste Wand hinter der Theke hochklettern. Ich wollte sie in einem Glas nach draußen tragen, meine Angst überwinden, um sie zu schonen, aber als sie plötzlich außen auf dem Glas saß, regierte die Panik. Ins Waschbecken werfen, runterspülen.

Nachdem sie so plötzlich verschwunden war, tat es mir leid um sie. Noch ein Tod, wegen sinnloser Panik. Vielleicht nur eine Spinne, aber doch jemand, der nun für immer schläft. Ohne Grund.

In Flanders Fields

 

In Flanders fields the poppies blow

Between the crosses, row on row,

That mark our place; and in the sky

The larks, still bravely singing, fly

Scarce heard amid the guns below.

 

We are the dead. Short days ago

We lived, felt dawn, saw sunset glow,

Loved, and were loved, and now we lie

In Flanders fields.

 

 

Take up our quarrel with the foe:

To you from failing hands we throw

The torch; be yours to hold it high.

If ye break faith with us who die

We shall not sleep, though poppies grow

In Flanders fields.

Auf Flanderns Feldern

 

Auf Flanderns Feldern blüht der Mohn

Zwischen den Kreuzen, Reihe um Reihe,

Die unseren Platz markieren; und am Himmel

Fliegen die Lerchen noch immer tapfer singend

Unten zwischen den Kanonen kaum gehört.

 

Wir sind die Toten. Vor wenigen Tagen noch

Lebten wir, fühlten das Morgenrot, sahen den Sonnenuntergang glühen,

Liebten, und wurden geliebt, und nun liegen wir

Auf Flanderns Feldern.

 

Nehmt auf unseren Streit mit dem Feind:

aus sinkender Hand werfen wir Euch

Die Fackel zu, die Eure sei, sie hoch zu halten.

Brecht Ihr den Bund mit uns, die wir sterben

So werden wir nicht schlafen, obgleich Mohn wächst

Auf Flanderns Feldern.




Libera: »We are the Lost«

»In Flanders Fields« wurde am 3. Mai 1915 von Lieutnant Colonel John Alexander McCrae verfasst und ist eines der berühmtesten englischen Gedichte über den ersten Weltkrieg. Einen Tag zuvor verlor McCrae seinen besten Freund bei einem Granatenangriff. Als er den Klatschmohn betrachtete, der wegen der Störung des Bodens im ersten Weltkrieg so gut gedieh, schrieb er ein paar Zeilen nieder, Eindrücke, die beinahe nicht veröffentlicht wurden.

Heute ist der Mohn ein Symbol für die Gefallenen, auch für die zehntausend Menschen, die auf Flanderns Feldern ums Leben kamen, als die Deutschen zum ersten Mal Chlorgas einsetzten, das in die Schützengräben sickerte. Am 11. November, am Remembrance Day oder auch Poppy Day werden heute jedes Jahr gegen Spenden künstliche Mohnblumen verkauft (im Video könnt ihr einen Kranz sehen).

John McCrae starb am 18. Januar 1918, dem Jahr, in dem der Krieg endete, im Alter von 45 Jahren.


Die Informationen und die von mir leicht veränderte Übersetzung stammen von Wikipedia.


*edit* Was ich nur noch dazusagen wollte; ich mag Deutschland, wie es jetzt ist.

 Nicht bedingungslos, aber ich bin stolz.

 Hier wollte ich mich eher mit dem Krieg auseinandersetzen als damit...
 Aber ihr habt recht, auch darüber sollte man viel nachdenken  und diskutieren.

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Kommentare: 3
  • #1

    Unwritten (Sonntag, 30 März 2014 18:45)

    Es ist echt schade, wie manche über so eine Zeit denken. Als könnten Menschen nicht aus den Fehlern anderer, den Fehlern ihrer Eltern, Großeltern und den Generationen davor lernen...
    Das mit Stolz ist noch so eine Sache... Ich finde, wir dürfen stolz auf Deutschland sein. Vielleicht nicht unbedingt auf seine Gesichte, aber uf das, was sich seitdem verändert hat. Die Guten Dinge. Aber gleichzeitig sollte man sich bewusst sein, dass es noch viel gibt, dass man verändern kann.
    Deutschland hat in seiner Geschichte viele Menschen gemordet, doch andere Ländern sind da nicht anders. Das soll nicht bedeuten, dass die deutsche Geschichte nicht grauenhaft ist, aber dennoch sollte sie uns nicht davon abhalten, zumindest einen Bruchteil des Nationalstolzes auszubilden, der in anderen Ländern an der Tagesordnung ist...

  • #2

    Silver (Sonntag, 30 März 2014 19:53)

    Ein sehr schwieriges Thema.
    Ich schäme mich nicht, dass ich Deutsche bin, ich kann es auch nicht ändern.
    Man sollte einfach niemals vergessen oder verharmlosen.
    Aber was andere Länder anderen Ländern oder sogar ihrer Bevölkerung im Hier und Jetzt antun, ist auch nicht viel besser, nur sie verkaufen es teilweise einfach schlauer..als Retter kommen sie daher und die anderen sind die Bösen..
    Niemand hat je mehr aus seinen Fehlern gelernt wie Deutschland, was nicht heißt, das wir nicht in anderen Kriegen mitmischen.
    Und solange es Menschen gibt, wird es auch Kriege geben und ihre Opfer.
    Eigentlich können wir-trotz einiger Missstände-ziemlich froh sein, das wir hier leben, warm und kuschelig und mit unseren Laptops und Überfluss.
    Wir schauen Krieg live im Fernsehen und denken, oh wie schlimm, ein Knopfdruck und du guckst DSDS oder so einen Müll und fertig...
    Toller Text, der zum diskutieren anregt (wie du siehst)

  • #3

    Träumerin (Sonntag, 20 April 2014 18:08)

    Traurig aber war. Ich persönlich möchte mich nicht schämen, was andere in der Vergangenheit getan haben, sondern lerne aus Den Fehlern. Aber jetzt tut mir Spinne echt leid.